altmarkgeschichte

Datenbank Historischer Grabmäler der Altmark





Emerentia Goldbeck

Kratz

Witwe des Bürgermeisters

Sterbedatum:
02.10.1719
Konfession:
evangelisch
Ort:
Stendal
Standort:
Jacobikirche
GPS:
11.858504 - 52.608545

Beschreibung
Zustand
:
Die Grabplatte aus Sandstein ist, abgesehen von Farbabblätterungen, vollständig erhalten.

Dekor:
Der Grabstein besitzt einen gekordelten Rand und eine vertiefte Inschrift. Unter dem Textfeld stehen die Initialen „E. K.“ und dazwischen ein Wappen. Der Schild wird mit einem waagerechten Querbalken geteilt. Der untere Teil erfährt durch einen vertikalen Querbalken eine weitere Aufspaltung. Links unten sind drei Blüten zwei zu eins angeordnet. Im Feld gegenüber befinden sich in gleicher Anordnung drei Wolfsangeln.

Inschrift:
In dieser finstern Grufft ist geleget
Ein irdisches gefäß.
Darinnen gelegen ein güldener Schatz
der entseelte Cörper
Der Weyland
HochEdlen hoch Ehr Tugend und Glaubensreiche̅
Frauen Fr: EMERENTIA gebohrne KRATZEN
Seel. Hr̅rn CAROLI GOldbECkEN
Hochverd Bürgm̅st: dieser Altml: Haupt Stadt
Und des Damahl: QVARTAL Gerichts Hochver Advocati
Erb = Herrn auf Warburg, Nachgelaßenen Fr: Wittwen
Sie hat von der Gnaden Hand Gottes alß Schätze Empfangen
den 23sten Marty des 1643. Jahres
Den Anblick des Lichts dieser Welt,
und zugleich das warhafftige Licht der gantzen Welt;
den 10ten November des 1663. Jahres
Einen getreuen und LiebReichen Ehe.Gatten;
in folgenden Jahren
8. Ehe Pflantzen und auß selbigen 16. Sproßen;
den 2ten October des 1719. Jahres
einen zwar schleunigen, doch seeligen Todt.
Und hohes Alter:
76. Jahr, 6. Monath, 1 Woche, 2 Tage.
Meine Leser,
Dieser schnelle Todes = Fall lehre dich bedencken
Daß der Todt auch alle Augenblick dich überfallen kön̅e
Auf das du den ewigen Schatz erlangest.

E. K.

Anmerkung:
Das Begräbnis der Verstorbenen im Jahre 1719 wurde im Kirchenbuch der Jacobikirche sehr detailliert festgehalten: „Fr. Emerentia Kratzen, Sel: Hln. Caroli Goldbecken, Hochverdienten Bürgermeisters dieser Altmärckischen Haupt = Stadt Stendall und des ehemaligen Qvartall = Gerichts hochberühmten Advocati, Erb = Herrn auf Wahrburg nachgelaßene Fr. Wittwe hat den 2ten October Abends nach 6. Uhren in ihren Hause von der Treppe der hintersten Stube einen tödtlichen Fall gethan, in dem sie ihren Geist bald darauf aufgegeben; und ist am 8ten ejusdem öffentlich mit der gantzen Schule, allen dreyen Glocken in dieser Kirchen, und dem gantzen Geläute in St. Petri, wie auch mit einer von Hln. Friccio, Archidiacono Jacobitano und einen von Pastore alß Beichtvater auß den Esai. XXXVIII. 17. gehaltenen Leichen = Predigt zur Erden bestätiget worden: Ihres Alters 76 Jahr 6. Monath, 1 Woche und 2. Tage. Sie ist in der Kirchen auf den Platz bey ihren Sel. Herrn beerdiget, und zwar nach bisheriger Observantz, ohne Entgelt, obgleich die Herren Visitatores in neulicher Visitation dem Magistrat angezeiget, daß Sie für sich und ihre Familie keine freye Grab = Stelle mit Recht prӕtendiren könnten; wie Sie denn auch bey unser Kirchen das freye Geläute gehabt. Weil Sie aber in der Kirchen begraben worden. so haben, wie gebräuchlich für den Gang bekommen der Pastor 1 Thr. der Hl. Archidiaconus 1 Thr, der Küster 22 gl. Es hätten zwar die Prediger auch 1. Kragen, 1 paar Kläppen und 1. Flor, wie sonsten bey dergleichen Beerdigung in der Kirchen geschehen, haben sollen. Weil aber die Sel. Fr. Bürgermeisterin den Predigern 4½ schl Rocken = pacht auß Bellingen legiret, so hat man es nicht fodern mögen. Einen jechlichen dern Herren Schul = Collegen haben die Erben gegeben 1 Thr. und M…e Ebenß, der in der Vacantz des Directorium der Musique alß künftigen Cantor geführet, ein Gratial. denen Pulsanten an St. Jacobi sind gegeben 1. wegen drey Pulse mit der neuen großen Glocken 9 gl. NB. Der erste Pulß geschahe von 10 biß 11. mit allen Glocken. der zweyte geschahe umb 12 Uhren mit der mittelsten Glocken allein, welche der Küster nebst der kleinen bey denen Leichen mit Pulsanten versiehet, bey welchen das gantze Geläute gezogen wird: Sonsten aber haben diese Glocke die andern Pulsanten. Der dritte Pulß geschahe bey der Procession, und der vierte nach geendigter Predigt bey der Beerdigung. Die St. Petri Kirche hätte und ihres Geläuts wegen dimidiam von der Einnahme, wie St. Marien teriam geben sollen nach dem Vergleich, der vormahlß nach dem Brande unsers Kirch = Thurms zu Rath = Hause gemachet worden. Weil wir aber schon ein zimliches Gelaute wieder haben, so hat sowohl jene bey dieser Leiche , alß diese bey der Leiche der Sel. Fr. B. Hermesen sich deßen gewegert. Die Kuhlengräberin hat bekommen 1 Thr und 10 neue Schauffeln, welche bey den freyen Begräbnißen in der Kirchen pflegen gegeben zu werden, jedennoch also, daß sie der Kirchen und gedachten Treuen zu ihrer Arbeit bey den Gräbern verbleiben, und nicht ab Handen gebracht werden.“
Die auf der Grabplatte angegebene Eheschließung im Jahre 1663 sowie die Taufe im Jahre 1643 fanden nicht in der Stendaler Jacobikirche statt.
Dem Ehemann der Verstorbenen wurde ebenfalls eine Grabplatte gewidmet, die unmittelbar neben der Beschriebenen steht.

Lage:
Die Grabplatte wurde innerhalb der Kirche in der Wand einer spitzbogig gewölbten Nische hinter dem Hochaltar eingelassen.

Text und Foto:
Frank Moldenhauer, Magdeburg 2018