altmarkgeschichte

Datenbank Historischer Grabmäler der Altmark





Heinrich Christoph Schultze

Apotheker

Sterbedatum:
16.12.1662
Konfession:
evangelisch
Ort:
Stendal
Standort:
Marienkirche
GPS:
11.860420 - 52.605720

Beschreibung
Zustand
:
Die rechte Hälfte der aus Sandstein gefertigten Grabplatte ist abgetreten.

Dekor:
Die Grabplatte zeigt zwei nebeneinander stehende, mit einer gekerbten Linie gerahmte Textfelder mit vertieften Inschriften. Unter jedem Schriftfeld befindet sich eine runde Kartusche mit Wappen (links: ein Fisch über einem Flügelpaar im Schild und einen sechszackiger Stern zwischen einem Büffelhornpaar auf dem Helm; rechts: eine (männliche?) Person im Schild und zwischen einem Büffelhornpaar als Helmzier). In der linken Unter-Ecke des rechten Schriftfeldes steht ein Monogramm „PS“, das vermutlich auf den Steinmetz hinweist.

Inschrift
linke Seite
:
MONVMENTVM
DES EHRNVESTEN
VORACTBAHREN
KVNST VND WOHL
ERFAHREN HERREN
HEINRICH CHRISTOFF
SCHVLTZEN
GEWE„
SENER APOTHECKER
ALHIER IST IN DIESE
WELDT GEBOHREN
1614 VND IN GOTT
SEELIG ENTSCHLAFF̅
1662 DEN 16 XBRIS
GOTT GEBE DEN CÖR
PER EINE SANFTE RV
HE AM IVNGSTE̅ TAGE
EINE FRÖLICHE AVFER
STEHVNG SEINES
ALTERS 48 IAHR

Psalm am 1
Ich liege vnd schlave
gant mit frieden de̅
Allein dv herr hilfst
mir das ich sicher
wone

Kartusche:
H C S

rechte Seite:
HER RUHET DIE EHR UND VIELTU
GENDSAME FR: ELISABETH
SCHMIDES
, SO A: 611 GEBOH
REN A. 632 A H. JOACH
TORNOVEN
A. 639. A̅. H.
HEINR. CHRIS. SCHULTZEN
VERHEIRATET 10 KINDER MUT„
TER. 3. GROSMUTTER IHRES
ALTE(RS) 65 (IA)HR
RUHE SA̅FT IN DEINER GRUFFT
SCHLAF AUS IN DEINER FRISCHE̅
HOHLEN
SCHLAFBIS DICH DIE POSAU
NE RUFFT
UND BIS DER BRÄUTIGAM
DEINER SEHLEN
DICH WIDERUM HERVOR
WIRD FÜHREN
MIT DIR SEIN HOCHZEIT
MAHL ZU ZIEREN
WIR WOLLEN WEIL WIR
STERBLICH SEIN
DEIN STETIG ABER WOHL GE
DENCKEN
KEIN KALT ERBLASSTER
LEICHENSTEIN
SOLL DEINE GOTTESFURCHT
VERSENKEN
DEIN TREUES HERZ DEIN
MUTIGES STERBEN
SOLL EINEN NAMEN AUF
DICH ERBEN

Kartusche:
26. MARTUS E S 1676.

Anmerkung:
Vgl. Enders „Die Altmark“, BWV 2008, S.920f: „1612 richtete der bisherige Provisor der Ratsapotheke, Georg Schmidt, eine eigene, also zweite Offizin in Stendal ein, allerdings unter dem Namen einer Gewürzkrämerei, weshalb er auch der Krämergilde beitrat. Er präparierte aber auch, für Ratsherren wie für andere Bürger, Medikamente, bis der Rat die Konkurrenz erkannte. Es kam zum Konflikt. Schmidt übergab die Apotheke seinem Schwiegersohn Joachim Tornow und ließ sich in Brandenburg/H. nieder. Da kein gütlicher Vergleich erzielt werden konnte, kam es 1632/33 zum Prozess. Der Ausgang ist ungewiß; der Krieg lähmte auch die Justiz.“
Siehe auch Götze „Urkundliche Geschichte der Stadt Stendal“, Franzen & Große Stendal, 1873, S. 283f: „Der erste städtische Provisor war Georg Krause. 1626 war es Christoph Scholber, danach Ulrich von Dähre und Andreas Streit. Die Verarmung der Stadt im 30jährigen Kriege bewirkte 1648 den Uebergang der Rathsapotheke in Privatbesitz. Die Gebrüder Heinrich Christoph und Christian Schultze wurden nämlich gegen die Stadt wegen einer Schuld von 1833 Fl. 8 Sch. nebst langjährigen Zinsen klagbar; durch den (nach Unsitte jener Zeit furchtbar langwierigen) Proceß wuchs die Schuld um 200 Fl. Gerichtskosten, und da die Stadt zahlungsunfähig war, so wurden die Gebrüder Schultze durch 4 (!) Erkenntnisse des altmärkischen Quartalgerichts und des Kammergerichts in den Besitz der Rathsapotheke sammt zugehörigem Wohnhause und allem, was darin erd =, niet = und nagelfest war, so wie auch in den Besitz alles Apotheker = Inventars dergestalt immitirt, daß sie 400 Fl. herauszahlten. Dem Rathe wurde ein Vorkaufsrecht zugestanden, dieses auch 1727 erneuert, aber niemals ausgeübt. Die Gebrüder Schultze, welche vorher eine eigene Apotheke in der Stadt beseßen hatten, verpflichteten sich, diese aufzugeben und empfingen die Zusicherung, daß der Rath die Errichtung einer zweiten Apotheke nicht gestatten wollte. Auch erhielten sie Freiheit von allen Lasten und die Erlaubnis zum Einzelhandel mit allerlei Gewürz, während andere Handelsleute nur das führen durften, was ihr Gildebrief besagte; ferner sollten sie „im Frühling die blauen Violen ohne Entgelt auf den Stadtwällen sammeln dürfen“ und durch die Revision, welche der Stadtphysicus alle 3 Jahr vorzunehmen hatte, pecuniär nicht belastet werden. Dagegen sollten sie beiden regirenden Bürgermeistern an jedem Neujahrstage Marzipan und einen Hut Zucker liefern, eine Verpflichtung, welche wir auch anderwärts (z. B. 1642 in Salzwedel) antreffen.
Die Besitzer der Apotheke sind seitdem gewesen: Heinrich Christoph Schultze, 1648 – 1693. Danach Christian Schultze, Sohn des vorigen. Er verkaufte sie bald an Joachim Christian Hohenberg. Als dieser 1705 starb, heiratete seine Wittwe den Heinrich Christian Möhring, von welchem die Apotheke auf seinen Sohn vererbte. ...“.
Mit den hier beschrieben Umständen, insbesondere dem Wohnungswechsel Schultzes innerhalb der Stadt, lässt sich erklären, weshalb im Taufregister der Marienkirche keine Einträge - weder zu Joachim Tornow noch zu Heinrich Christoph Schultze – vorhanden sind. Die Überlieferung der Sterberegister setzt erst mit dem Jahr 1720 ein.

Lage:
Die Grabplatte liegt innerhalb der Kirche in der großen Nordkapelle.

Text und Foto:
Frank Moldenhauer, Magdeburg 2021