altmarkgeschichte

Datenbank Historischer Grabmäler der Altmark





Curdt von Marenholtz d.J.

Erbg.auf Dieckhorst, Pfandh.auf Weferlingen

Sterbedatum:
07.06.1569
Konfession:
evangelisch
Ort:
Weferlingen
Standort:
Kirche St. Lamberti
GPS:
11.056423 - 52.315293

Beschreibung:
Grabplatte, Sandstein, ursprünglich wohl im Vorgängerbau der heutigen, zwischen 1713 und 1720 errichteten Kirche. Vor ihrer Aufrichtung an der Nordwand des Kirchenschiffs jedoch offenkundig lange Zeit (vielleicht noch nach 1897) im Freien liegend und infolge von Witterungseinflüssen sowie mechanischer Einwirkungen schwer geschädigt.
Die Relieffigur zeigt den geharnischten Curdt d.J. von Marenholtz stehend barhäuptig in einfacher Rechtecknische. Einzelheiten des Gesichts sind, abgesehen von der Andeutung eines mittellangen, spitz zulaufenden Bartes, nicht mehr erkennbar. Die Linke umfasst den Griff des nicht mehr zu klassifizierenden Schwertes; die Rechte hält den offenen Visierhelm. Die Darstellung des leicht nach rechts gewandten Oberkörpers und die damit nötigen perspektivischen Verkürzungen sind dem offenbar nur mäßig begabten Steinmetzen nicht recht gelungen.
Die umlaufende, den vorgesehenen Raum nicht ganz ausfüllende Inschrift in ausgehauener frühhumanistischer Kapitalis lautet wie folgt:
„ANNO . 1 . 5 . 6 . 9 . DINSDAGES / NACH . DER . HEILIGEN . DREIFALTIGKEIT . VMB . 8 . VHR . IST . DER . EDLE / GESTRENGE . VND . ERNVESTE / CVRDT . VON MARENHOLT . IN . GOT . VERSTORBEN . DER . SEL . GOT . GNEDIG . SEI“. In den Ecken die vier Ahnenwappen des Dargestellten in ihrer Ausformung als einfache Stammwappen in Schilden der frühen Renaissance mit ungelenk ausgehauenen Namenskürzeln. Oben links (heraldisch rechts väterlicherseits): D . V . M (=die von Marenholtz); unten links: D V D A (=die von der Asseburg); oben rechts (heraldisch links mütterlicherseits): D . V . D . S (die von der Schulenburg); unten rechts: D V B („die von Bodendieck [der letzte Buchstabe seitenverkehrt]).

Curdt d.J. von Marenholtz war der älteste Sohn seines gleichfalls in Weferlingen begrabenen gleichnamigen Vaters Curdt d.Ä. von Marenholtz († 1536) aus dessen zweiter Ehe mit Anna von der Schulenburg a.d.H. Beetzendorf/Angern, Tochter Bernhards X. v. der Schulenburg und der Margareta von Bodendieck. Jedenfalls siegelte er als Ältester des Dieckhorst-Weferlinger Familienzweiges im Jahre 1545 eine durch seine Halbschwester Margaretha, Ehefrau des Vicke von Bülow auf Oebisfelde, ausgehandelte Vereinbarung mit dem Kloster Marienborn (LASA, Cop. 751a, fol. 34). Er war 1529, wo er nochmals als ältester Sohn seines gleichnamigen Vaters bezeugt ist, Hof- und Kammerjunker Erzbischof Albrechts von Brandenburg, hielt sich also in dessen unmittelbarer Umgebung auf (LASA, Cop. 500, fol. 116-117). Sein Onkel Johann, der Domdechant in Halberstadt, bedachte ihn überaus großzügig in seinem Testament von 1537/38 (LASA, Cop. 498, fol. 20-43).

Es haben sich insgesamt 9 Voll- und Halbgeschwister Curdts d.J. ermitteln lassen, und zwar die Brüder:
1. Johann, Domherr und fürstbischöflicher Rat, Cellerar und Senior des Domkapitels Halberstadt († 30.10.1585),
2. Boldewin, 1533 Domherr in Magdeburg (LASA, Cop. 100, fol. 53), erwähnt im Testament seines Onkels 1537; noch 1557 mit seinen weltl. Brüdern Curdt, Valentin und Levin als Jüngster genannt (Halberstädter Lehnbrief in LASA, Cop. 476, fol. 361) und † vor März 1562,
3. Valentin, erstmals militärisch aktiv im Schmalkaldischen Krieg, später Rittmeister an versch. europäischen Kriegsschauplätzen (so 1552 unter Wrisberg in Siebenbürgen, 1562 unter Ernst v. Mandelsloh, 1566 vorgesehen für spanische Dienste), 1579 Braunschweigischer Rat, sp. Landrat im Fstm. Lüneburg, † 28.07.1593, □ in Braunschweig,
4. Levin, 1567 im magd. Samtlehnbrief über Döhren, mit Nr. 3 1579 anwesend bei Gründung der Universität Helmstädt, † 06.03.1596, □ in Braunschweig (Behrens, Stamm-Baum, S. 82-83) 5. Christoph, Domherr Portenarius des Domkapitels und Propst zu St. Paul in Halberstadt († zw. 1590 und 1593) der 1537 in der Obhut seiner Schwester Bülow in Oebisfelde lebte, und sich später um die Ausgestaltung des Schulwesens in Weferlingen verdient machte. Als mutmaßlich ältere Halbschwester sei genannt
1. Margaretha (†1584), Ehefrau des Vicke von Bülow auf Oebisfelde; jüngere Schwestern,
2. Dorothea, 1537/38 im heiratsfähigen Alter (entspr. bedacht im Testament des Onkels)
3. Margarete und
4. Elisabeth
(„Elzabett“), beide 1545 aufgenommen in Marienborn.
Zu Lebzeiten Curdts d.J. wurde der imposant-weiträumigen Weferlinger Schlossanlage mit dem Südflügel ein wichtiges Teilstück hinzugefügt: Der weniger verwitterte, denn grob abgearbeitete Wappenstein über dem Portal des hofseitigen Treppenturms lässt einerseits noch die Zeile "Anno 15[5?]" erahnen, andererseits das Doppelwappen Marenholtz/Bortfeld inklusive einer zerstörten Bauinschrift. Seit der Mitte der 1550er Jahre überschattete ein innerfamiliäres Zerwürfnis das Leben des vielleicht damals schon gesundheitlich angegriffenen Pfandherrn, dessen energische Ehefrau mehr und mehr die Zügel ergriff, was die jüngeren Brüder Marenholtz im Jahre 1556 dazu veranlasste, auf eine neue Verschreibung des Hauses und Amtes Weferlingen zu ihren Gunsten zu dringen (LASA, A 13, Nr. 479), die aber nicht erfolgte: Noch 1568 nahm Curdts d.J Ehefrau – wohl namens ihres Gatten – die Interessen der Pfandherrschaft gegenüber Bürgermeister und Rat von Weferlingen wahr (At-Oe StA/FHKA SUS RA 118.7). Bedrohlich waren auch die zwischen 1559 und 1562 unternommenen Vorstöße Erzbischof Sigismunds von Magdeburg/Halberstadt, die Weferlinger Pfandschaft der Marenholtz vorzeitig zu beenden; die rechtlichen Auseinandersetzungen gelangten bis vor den Reichshofrat in Wien – Einzelheiten harren noch der gründlichen Untersuchung (At-Oe StA/RHR Grat Feud Mandate 2-45, Commissiones 2-119 sowie Judicialia misc. 54-05). Verheiratet war Curdt d.J. von Marenholtz mit Magdalena von Bortfeld, Tochter des Asche (niederdeutsche Kurzform von "Ascanius") v. B. auf Woldenberg und Nienhagen; seine beiden Söhne, der 1599 verstorbene und in Magdeburg begrabene Curdt (III.) und Asche scheiterten offenbar mit dem Versuch, die endgültige und juristisch geschickt eingefädelte Aufhebung der Pfandschaft Weferlingen 1594 im Klagewege unwirksam werden zu lassen (LASA, Cop. 602, fol. 467); 1595 mussten sie zwar von dort weichen; sie hielten ihre Forderung nach Rückgabe des Amtes noch ein Vierteljahrhundert lang mit großer Beharrlichkeit aufrecht (LASA, Cop. 646, fol. 4, 18-22).

Literatur- und Archivquellen:
Zum Objekt: Bei Adolf Brinkmann / Adolf Parisius (Bearb.), Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Gardelegen, Halle 1897 (Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen, Heft 20), S. 178-188 nicht erwähnt; Samuel Walther, Singularia Magdeburgica (Teil 5) […], Magdeburg/Leipzig 1735, S. 23 (allg. und ohne konkrete Beschreibung des Standorts); Dehio, Handbuch der dt. Kunstdenkmäler, Sachsen-Anhalt I, bearb. von Ute Bednarz und Folkhard Cremer, München-Berlin 2002, S. 976 (kursorisch).

Zu den Personen: U.a. Landesarchiv Sachen-Anhalt (LASA), Cop. 500, fol. 116-117 (1529); Cop. 498, fol. 20-43 (1537/38); (LASA, Cop. 751a, fol. 34 (1545); A 13, Nr. 479 (1556); Cop. 476, fol. 361 (1557), Cop. 646, fol. 4, 18-22 (1623); Österreichisches Staatsarchiv (At-Oe StA), FHKA SUS RA 118.7, RHR Grat Feud Mandate 2-45, Commissiones 2-119 sowie Judicialia misc. 54-05; Conrad Barthold Behrens, Stamm-Baum des […] Hauses der Herren von Steinberg […], Hannover/Wolfenbüttel 1697, S. 82-83. Heinrich Nebelsieck, Aus der Geschichte des ehemaligen Amtes Weferlingen, Weferlingen 1934, S. 42-45 (Interpretation der unvollständig angegebenen Quellen fragwürdig und ohne jede Kenntnis rechtsgeschichtlicher Grundlagen; genealogische Zusammenhänge unverstanden, keinerlei Erwähnung der Grabdenkmäler).

Text und Foto:
Bernd-Wilhelm Linnemeier, August 2017.